Haftung der Gesellschafter bei der GbR

3 Gerichtsurteile zum Thema „Haftung der Gesellschafter bei der GbR“ 

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, kurz GbR, ist die einfachste Variante der deutschen Gesellschaftsformen. Um eine GbR zu gründen, genügt es, wenn sich zwei oder mehr Personen mit der Absicht zusammenschließen, einen gemeinsamen Zweck zu erreichen. Um was für einen Zweck es sich dabei handelt, spielt eine untergeordnete Rolle.

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So ist ein rein ideeller Zweck genauso denkbar wie das Erwirtschaften von Gewinnen durch ein Geschäft, das gemeinschaftlich betrieben wird. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag ist zwar sehr empfehlenswert, verpflichtend vorgeschrieben ist er aber nicht. Ein Mindeststammkapital ist bei einer GbR, die manchmal auch als BGB-Gesellschaft bezeichnet wird, ebenfalls nicht vorgesehen. Stattdessen haftet die GbR gegenüber Gläubigern mit dem Gesellschaftsvermögen.

Gleichzeitig haftet jeder Gesellschafter mit seinem Privatvermögen. In der Praxis heißt das, dass jeder Gesellschafter mit seinem gesamten Privatvermögen für die Schulden der GbR in die Haftung genommen werden kann. Ganz so einfach wie es auf den ersten Blick scheint, ist es dann aber doch wieder nicht.

Der Teufel steckt nämlich, wie so oft, im Detail und nicht selten müssen am Ende die Richter entscheiden.

Die folgende Übersicht stellt drei Gerichtsurteile
zum Thema „Haftung der Gesellschafter bei der GbR“ vor:

1. Beispiel: Bundesgerichtshof, Az. II ZR 249/09, Urteil vom 22.03.2011

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes handelt es sich bei der GbR um ein eigenständiges Rechtssubjekt. Deshalb kann eine GbR Klage erheben und umgekehrt auch verklagt werden. Verfügt die GbR über eigenes Vermögen, beispielsweise in Form von Guthaben auf dem Gesellschaftskonto, kann das Vermögen bei Vollstreckungsmaßnahmen verwertet werden.

Nun stellt sich aber mitunter die Frage, welche Folgen es hat, wenn ein Gläubiger die Gesellschafter verklagt und mit seiner Klage scheitert. Konkret geht es um die Frage, ob der Gläubiger in diesem Fall ein zweites Mal Klage erheben und dabei gegen die GbR klagen kann. Der Bundesgerichthof hat in dieser Frage entschieden. Im vorliegenden Fall hatte eine GbR einem Interessenten ein befristetes Angebot für ein Grundstück unterbreitet.

Noch innerhalb der Befristung wurde das Grundstück aber an einen Dritten verkauft. Als der Interessent das Angebot annehmen wollte, erfuhr er, dass das Grundstück nicht mehr zur Verfügung stand. Deshalb klagte er auf Schadensersatz. Dabei erhob er zunächst Klage gegen die einzelnen Gesellschafter der GbR.

Nachdem seine Klage keinen Erfolg hatte, klagte er erneut. Dieses Mal war die GbR als solches die Beklagte. Das Gericht wies die zweite Klage ab. Als Begründung führte es an, dass ein Urteil gegen die einzelnen Gesellschafter seine Rechtskraft auch gegenüber der Gesellschaft selbst entfalte. Der Bundesgerichtshof stimmte dieser Ausführung nicht zu. Er erklärte, dass ein Urteil nur für bzw. gegen die Beteiligten wirke, die an dem jeweiligen Prozess beteiligt waren.

Die GbR sei aber ein eigenes Rechtssubjekt. Deshalb dürfe sie klagen oder verklagt werden, unabhängig davon, wie ein anderes Gerichtsverfahren ausgegangen sei.   

2. Beispiel: Bundesgerichtshof, Az. II ZR 197/10, Urteil vom 17.01.2012

Wenn ein Gesellschafter aus einer GbR ausscheidet, dann hat dies automatisch die Auflösung der Gesellschaft zur Folge. Die GbR besteht nur dann weiter fort, wenn im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vereinbart ist, dass die Gesellschaft mit den verbliebenen Gesellschaftern fortgesetzt werden soll.

Für Verbindlichkeiten der GbR, die bereits vor dem Ausscheiden entstanden sind und die innerhalb von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig werden, haftet der ausgeschiedene Gesellschafter weiterhin. Diese Haftung über den Austritt hinaus wird als Nachhaftung bezeichnet. Der Bundesgerichtshof musste im vorliegenden Fall eine Entscheidung treffen, bei der es um eine GbR ging, die als Hausverwaltung tätig war.

Diese GbR hatte 2003 einen Vertrag über Leistungen im Bereich Verwaltung mit einem Kunden abgeschlossen. 2005 schied eine Gesellschafterin aus, die GbR wurde aber wie vertraglich vereinbart fortgeführt. Im Folgejahr stellte die GbR dem Kunden versehentlich Beträge in Rechnung, die dieser bereits bezahlt hatte.

Der Kunde bezahlte die Rechnung zunächst, verlangte sein Geld dann aber wieder zurück. Dabei nahm er auch die ausgeschiedene Gesellschafterin in Haftung. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Gesellschafterin trotz ihres Austritts tatsächlich für den Rechnungsbetrag hafte. Allerdings war die Nachhaftung hier nicht der Grund.

Der Vertrag aus dem Jahre 2003 habe die Grundlage für die Verbindlichkeit zwar schon vor dem Austritt der Gesellschafterin geschaffen. Die Doppelzahlung, die erst nach ihrem Ausscheiden erfolgte, sei aber kein Vertragsbestandteil gewesen.

Daher sei eine Nachhaftung hier unbegründet. Dennoch müsse die Gesellschafterin für den Betrag einstehen, denn der Kunde hatte nichts von ihrem Austritt gewusst. Dies lag unter anderem daran, dass ihr Name nach wie vor auf allen Geschäftsunterlagen stand. Insofern könne die Frau als Scheingesellschafterin in die Haftung genommen werden. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hätte die Gesellschafterin dafür Sorge tragen müssen, dass die Geschäftskontakte über ihr Ausscheiden informiert werden. 

3. Beispiel: Finanzgericht München, Az. 14 K 2541/09, Urteil vom 20.05.2012

Gegenüber Gläubigern haftet jeder Gesellschafter einer GbR in gleichem Umfang. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem Gläubiger um das Finanzamt handelt. Im vorliegenden Fall musste das Finanzgericht München über eine GbR entscheiden, die aus drei Immobilienvermittlern bestand. Einer von ihnen hatte beim Finanzamt eine Umsatzsteuererklärung abgegeben.

Die beiden anderen Gesellschafter hatten dieser Umsatzsteuererklärung allerdings nicht zugestimmt. Auf Grundlage dieser Steuererklärung setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer fest und forderte von allen drei Gesellschaftern Zahlungen ein.

Die zwei Gesellschafter, die der Steuererklärung nicht zugestimmt hatten, legten Widerspruch gegen die Zahlungsaufforderung ein. Das Finanzamt wies die Einwände jedoch zurück. Deshalb strengte einer der beiden Gesellschafter ein Gerichtsverfahren an. Als Begründung gab er an, dass die gemeinschaftliche Vermittlung von Immobilien nicht der Zweck der GbR war. Stattdessen hätten sich die drei Immobilienvermittler lediglich die Kosten für das Büro geteilt, ihre Geschäfte aber als voneinander unabhängige Makler betrieben.

Auch habe es weder eine gemeinsame Steuernummer noch einen Gesellschaftsvertrag gegeben. Der Makler habe die GbR für die Steuererklärung nur erfunden, um seine Steuerschulden auf zahlungskräftigere Personen zu übertragen. Das Finanzgericht München folgte den Ausführungen des Klägers jedoch nicht und wies die Klage zurück.

Es kam zu dem Entschluss, dass nicht jeder Immobilienvermittler für sich eigenständig gehandelt hätte. Stattdessen wäre die Vermittlung von Immobilien der gemeinschaftliche Geschäftszweck gewesen. Die drei Makler hätten sich ein Büro geteilt, aber auch gemeinsames Briefpapier verwendet und ein gemeinschaftliches Bankkonto eingerichtet. Daher wäre vom Bestehen einer GbR auszugehen. Der Anspruch des Finanzamts sei somit rechtens und alle drei Gesellschafter müssten für die gesamten Steuerschulden samt Säumniszuschlägen und Zinsen aufkommen.

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