Ausführlicher Ratgeber zum Investment in Zertifikate, Teil 3
Während im alltäglichen Sprachgebrauch ein Zertifikat für eine Bescheinigung oder einen Beleg steht, handelt es sich in der Finanzwelt um eine Geldanlage. Ein Zertifikat bezeichnet ein Wertpapier, bei dem der Preis davon abhängt, wie sich der Basiswert entwickelt, der dem Zertifikat zugrunde liegt. Allerdings sind Zertifikate nicht nur komplex aufgebaut, sondern auch in unzähligen Varianten erhältlich.
Das macht es schwierig, sich einen Überblick zu verschaffen und die Übersicht zu behalten. Als kleine Hilfestellung haben wir einen ausführlichen Ratgeber zum Investment in Zertifikate erstellt.
Hier ist der letzte Teil 3!:
Inhalt
Faktor- und Knock-out-Zertifikate
Nachdem wir in Teil 1 der Beitragsreihe geklärt haben, was Zertifikate sind, welche Vor- und Nachteile sie haben und welche Kosten anfallen, haben wir uns in Teil 2 die gängigsten Varianten angeschaut.
Dabei haben wir Index-, Basket-, Garantie-, Airbag-, Bonus- und Discount-Zertifikate sowie Aktienanleihen vorgestellt. Zwei weitere, geläufige Formen sind Faktor- und Knock-out-Zertifikate.
Faktor-Zertifikate
Im Unterschied zu vielen anderen Varianten ist die Laufzeit bei Faktor-Zertifikaten nicht begrenzt. Sie kennzeichnen sich dadurch, dass die täglichen Änderungen des Basiswerts mit einem konstanten Hebel, dem sogenannten Faktor, multipliziert werden.
Deshalb erzielt ein Faktor-Zertifikat einen überproportionalen Gewinn oder Verlust im Vergleich zum Basiswert.
Die meisten Faktor-Zertifikate haben Aktien oder Aktienindizes als Basiswert und der Faktor liegt zwischen 2 und 8. Entscheidet sich der Anleger für ein Zertifikat mit zum Beispiel dem Faktor 5, steigt oder fällt der Kurs des Zertifikats um den fünffachen Prozentwert, um den sich der Basiswert verändert hat.
Ist der Basiswert beispielsweise um zwei Prozent gestiegen, erhöht sich der Kurs des Zertifikats also um zehn Prozent.
Bei Faktor-Zertifikaten sind demnach große Gewinne möglich. Genauso kann es aber auch zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals kommen. Deshalb eignen sich Faktor-Zertifikate als Investment nur dann, wenn der Anleger sehr risikofreudig ist und davon ausgeht, dass der Basiswert steigen wird.
Knock-out-Zertifikate
Knock-out-Zertifikate sind hochspekulativ. Meistens haben sie eine feste Laufzeit, es gibt aber auch Zertifikate ohne zeitliche Begrenzung.
Wie die Zertifikate funktionieren, lässt sich gut am Beispiel eines Knock-out-Zertifikats mit einer Aktie als Basiswert erklären. Angenommen, der Basiswert hat einen Kurs von 100 Euro. Der Herausgeber des Zertifikats bietet dem Anleger an, für einen Kaufpreis von 10 Euro in vollem Umfang von Kursgewinnen der Aktie zu profitieren.
Klettert die Aktie nun bis zu einem bestimmten Stichtag auf 120 Euro, bekommt der Anleger den Kaufpreis plus Kursgewinn ausgezahlt. Das wären in diesem Beispiel also 30 Euro.
Dadurch hat der Anleger eine sehr hohe Rendite erzielt, die wesentlich höher ist als die Rendite, die bei einem direkten Kauf der Aktie möglich gewesen wäre. Das Verhältnis zwischen der Rendite des Zertifikats und der Rendite des Basiswerts ist der sogenannte Hebel.
Allerdings gibt es die Chance auf die hohe Rendite nicht einfach so. Der Haken an Knock-out-Zertifikaten ist nämlich die Knock-out-Schwelle. Sie kann zum Beispiel bei 95 Prozent des Kurses vom Basiswert liegen. Sobald die Schwelle berührt oder unterschritten wird, ist das Zertifikat mit sofortiger Wirkung wertlos.
Das wiederum gilt nicht nur für den festgelegten Stichtag, zu dem das Zertifikat fällig wird, sondern für die gesamte Laufzeit.
Knock-out-Zertifikate kommen deshalb nur dann infrage, wenn der Anleger extrem risikobereit und sich darüber im Klaren ist, dass er sein eingesetztes Kapital jederzeit komplett verlieren kann.
Wie kann der Anleger in Zertifikate investieren?
Um Zertifikate zu kaufen, gibt es zwei Möglichkeiten. Kommen die Wertpapiere neu auf den Markt, kann der Anleger sie direkt beim Herausgeber erwerben. Die andere Möglichkeit ist, die Zertifikate zum jeweils aktuellen Kurs über die Börse zu kaufen.
Möchte der Anleger beim Herausgeber kaufen, sollte er bedenken, dass ihm der Bankberater Zertifikate empfehlen wird, die der Bank Gewinne einbringen. Kostenfaktoren wie Ausgabeaufschläge von einem bis drei Prozent sind dabei nicht unüblich.
Außerdem könnte der Bankberater Zertifikate mit kurzen Laufzeiten empfehlen, damit er dem Anleger regelmäßig neue Wertpapiere anbieten kann. Regelmäßige Verkäufe in kurzen Zeiträumen bringen der Bank hohe Provisionen ein.
Für den Bankberater ist es deshalb vorteilhaft, wenn er möglichst oft Beratungsgespräche mit dem Anleger führen kann.
Möchte der Anleger ein Beratungsgespräch in Anspruch nehmen, sollte er sich darauf vorbereiten. Dazu gehört, sich über das Zertifikat zu informieren, für das er sich interessiert. Möglich ist das zum einen über das Basisinformationsblatt, das es zu jedem Zertifikat gibt, und zum anderen über unabhängige Finanzportale.
Auf Finanzportalen kann der Anleger die Hauptart der Zertifikate auswählen und auch die Basiswerte eingrenzen. Daraufhin erscheint eine Übersicht mit geeigneten Produkten, die sich der Anleger dann näher anschauen kann. Oft zeigen die Portale auch Beispielrechnungen für die möglichen Renditen bei unterschiedlichen Marktentwicklungen.
Generell profitiert der Anleger oft eher, wenn er den Kauf von Zertifikaten nicht bei einer Bank vor Ort, sondern über einen Onlineanbieter abwickelt. Denn Onlineanbieter stellen häufig bessere Konditionen bereit.
Und insgesamt gilt:
Zertifikate sind sehr komplexe Produkte, die sich in erster Linie für erfahrene Anleger eignen, die ihre Anlageziele bei gleichem Kapitaleinsatz auf anderen Wegen nicht erreichen können. Ist dem Anleger nicht ganz klar, wie das jeweilige Zertifikat funktioniert, sollte er von einem Investment absehen.
Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:
- Ausführlicher Ratgeber zum Investment in Zertifikate, Teil 2
- Ausführlicher Ratgeber zum Investment in Zertifikate, Teil 1
- Was bedeutet Tokenisierung? 2. Teil
- Was bedeutet Tokenisierung? 1. Teil
- Was ist Proof of Stake? 2. Teil
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Thema: Ausführlicher Ratgeber zum Investment in Zertifikate, Teil 3
Übersicht:
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