Ausführlicher Ratgeber zum Investment in Zertifikate, Teil 2
In der Alltagssprache ist ein Zertifikat ein Beleg oder eine Bescheinigung. In der Finanzwelt bezeichnen Zertifikate etwas anderes. Hier handelt es sich um Geldanlagen, die es inzwischen in zahlreichen Varianten gibt. Gemeinsam ist allen Zertifikaten, dass es sich um Wertpapiere handelt, deren Preise von der Entwicklung der zugrundeliegenden Basiswerte abhängen.
Insgesamt sind Zertifikate komplexe Anlageprodukte mit einem komplizierten Aufbau. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir einen mehrteiligen, ausführlichen Ratgeber zum Investment in Zertifikate erstellt.
Dabei haben wir in Teil 1 beantwortet, was genau Zertifikate sind, welche Vor- und Nachteile sie bieten und welche Kosten bei Zertifikaten anfallen.
Hier ist Teil 2!:
Inhalt
Welche Arten von Zertifikaten gibt es?
Mittlerweile ist das Angebot an Zertifikaten so vielfältig, dass es schwer ist, den Überblick zu bewahren. Wir beschränken uns deshalb auf die wichtigsten Varianten.
Index-Zertifikate
Index-Zertifikate nutzen Indizes als Basiswerte und vollziehen die Kursentwicklung des Indexes nach, der ihnen zugrunde liegt. Bei einem Aktienindex muss der Anleger aber zwischen Performance-Indizes wie dem Dax und Kurs-Indizes wie dem Dow Jones unterscheiden.
Ein Performance-Index bietet den Vorteil, dass die ausbezahlten Dividenden ebenfalls berücksichtigt werden. Bei einem Kurs-Index passiert das nicht.
Weil Index-Zertifikate keine Begrenzung bei der Laufzeit haben, werden sie auch als Open-End-Zertifikate bezeichnet. Der Anleger profitiert, wenn der zugrunde liegende Index steigt.
Basket-Zertifikate
Basket-Zertifikate sind eine abgewandelte Form von Index-Zertifikaten. Ihre Wertentwicklung hängt nicht von einem Index, sondern von einem Korb (auf Englisch „basket“, daher der Name) von Basiswerten ab. Bei den Basiswerten kann es sich zum Beispiel um eine gewisse Anzahl an ausgewählten Aktien handeln.
Kann die Auswahl an Basiswerten nach Ausgabe des Wertpapiers noch verändert werden, handelt es sich um ein aktives Basket-Zertifikat. Sind keine Änderungen an der Auswahl mehr möglich, liegt ein passives Basket-Zertifikat vor.
Die meisten Basket-Zertifikate haben keine Laufzeitbegrenzung. Es gibt aber auch Produkte mit begrenzter Laufzeit auf dem Markt. Für den Anleger lohnt sich die Geldanlage, wenn die Kurse der Basiswerte im Korb steigen.
Garantie-Zertifikate
Garantie-Zertifikate haben eine festgelegte Laufzeit und garantieren, dass der Anleger entweder sein eingesetztes Kapital oder einen bestimmten Mindestbetrag zurückbekommt, wenn das Ende der Laufzeit erreicht ist. Diese Garantie senkt zwar das Risiko, begrenzt aber gleichzeitig auch die Gewinnchancen.
Meist wird der begrenzte Gewinn durch einen sogenannten Cap erreicht. Der Cap beziffert den Höchstbetrag, der maximal ausbezahlt wird. Selbst wenn der Basiswert zur Fälligkeit des Zertifikats einen höheren Zuwachs verzeichnet hat, bekommt der Anleger nur den vereinbarten Höchstbetrag ausgezahlt.
Außerdem ist möglich, dass der Anleger nicht in vollem, sondern nur in begrenztem Umfang von Wertsteigerungen des Basiswerts profitiert. In diesem Fall ist der sogenannte Partizipationsfaktor kleiner als 1.
Andersherum bekommt der Anleger aber das ganze Kapital, das er investiert hat, wieder, wenn der Basiswert zwischenzeitlich gesunken ist und bei Fälligkeit des Zertifikats niedriger ist als bei der Ausgabe.
Garantie-Zertifikate sind eine gute Wahl, wenn der Anleger davon ausgeht, dass der Basiswert während der Laufzeit nur leicht steigen wird oder sogar sinken könnte.
Airbag-Zertifikate
Im Unterschied zu Garantie-Zertifikaten haben Airbag-Zertifikate zusätzlich noch eine Untergrenze. Diese sogenannte Barriere liegt üblicherweise deutlich unter dem Preis des Basiswerts.
Solange der Kurs des Basiswerts die Barriere nicht unterschreitet, bekommt der Anleger zum Ende der Laufzeit den vollen Ausgabepreis zurück.
Rutscht der Basiswert bei Fälligkeit des Zertifikats unter die Barriere, muss der Anleger Abschläge hinnehmen. Die Abschläge fallen aber geringer aus als es der Fall wäre, wenn der Anleger direkt in den Basiswert investiert hätte.
Steigen die Kurse des Basiswerts, profitiert der Anleger davon. Je nach Ausgestaltung des Zertifikats bekommt er entweder den vollen Kursgewinn oder einen anteiligen Gewinn bis zum Cap.
Ein Airbag-Zertifikat eignet sich als Anlageprodukt, wenn sich der Anleger zumindest in gewissem Umfang vor Kursverlusten schützen möchte.
Bonus-Zertifikate
Bonus-Zertifikate sind Wertpapiere mit einer festen Laufzeit und kennzeichnen sich durch zwei Parameter. Diese sind zum einen das Sicherheitslevel, auch Barriere genannt, und zum anderen das Bonuslevel.
Den Bonus bekommt der Anleger bei Fälligkeit des Zertifikats immer dann, wenn der Basiswert im Verlauf der Laufzeit nie bis an oder unter die Barriere gesunken ist. Von Kursanstiegen profitiert der Anleger in vollem Umfang.
Ist der Kurs des Basiswerts so stark abgefallen, dass er die Barriere berührt oder unterschritten hat, bewegt sich das Bonus-Zertifikat genauso wie der Basiswert. In diesem Fall bekommt der Anleger als Rückzahlung den Betrag, der dem Schlusswert des Basiskurses entspricht.
Für ein Bonus-Zertifikat kann sich der Anleger entscheiden, wenn er davon ausgeht, dass der Basiswert gleich bleiben, steigen oder nur leicht sinken wird.
Discount-Zertifikate
Auch Discount-Zertifikate haben eine feste Laufzeit. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass der Kurs, zu dem der Anleger die Wertpapiere kaufen kann, niedriger ist als der Kurs des dazugehörigen Basiswerts. Die Differenz zwischen den beiden Kursen wird als Discount bezeichnet.
Der Vorteil, das Zertifikat zu einem Preis unter dem Basiswert kaufen zu können, wird durch eine Begrenzung der möglichen Kursgewinne aufgewogen.
Auch bei Discount-Zertifikaten gibt es also einen Cap. Solche Wertpapiere sind interessant, wenn der Anleger erwartet, dass der Kurs des Basiswerts moderat steigen wird.
Aktienanleihen
Aktienanleihen sind Zertifikate mit einer begrenzten Laufzeit. Sie schütten regelmäßig feste Zahlungen aus, die als Kupon bezeichnet werden. Der wesentliche Unterschied zu herkömmlichen Anleihen besteht darin, wie die Rückzahlung erfolgt.
So bekommt der Anleger bei einer Aktienanleihe am Ende der Laufzeit entweder den Nennwert der Anleihe als Geldzahlung wieder oder er erhält eine bestimmte, vorher festgelegte Anzahl an Aktien.
Die Form der Rückzahlung in Geld oder Aktien wählt aber nicht der Anleger aus. Das Wahlrecht hat die Bank, die die Aktienanleihe ausgegeben hat.
Bei einer Aktienanleihe erhält der Anleger am Ende der Laufzeit nur den Nennwert wieder, selbst wenn der Kurs zwischenzeitlich gestiegen ist.
Ist der Kurs hingegen am Stichtag gesunken, bekommt der Anleger lediglich diesen aktuellen Basiswert. Folglich können hohe Verluste entstehen.
Das Investment in eine Aktienanleihe macht deshalb eigentlich nur dann Sinn, wenn der Anleger davon ausgeht, dass der Basiswert vergleichsweise stabil bleibt.
Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:
- Ausführlicher Ratgeber zum Investment in Zertifikate, Teil 1
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Thema: Ausführlicher Ratgeber zum Investment in Zertifikate, Teil 2
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