Islamkonforme Finanzprodukte

Islamkonforme Finanzprodukte als Investitionsobjekte 

Nicht zuletzt infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise hat die Produktgruppe rund um islamkonforme Finanzierungen, Versicherungen und Investitionen an Bedeutung gewonnen. Dass solche Produkte erst in den letzten Jahren zunehmend Beachtung finden, erklärt sich im Wesentlichen in zwei Gründen.

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So steht das Bank- und Finanzwesen insbesondere in den armen islamischen Ländern im Vergleich mit dem westlichen Bankwesen erst am Anfang seiner Entwicklung und die Nachfrage an entsprechenden Finanzprodukten ist gering.

Gleichzeitig verzeichnen andere islamische Länder eine beachtliche wirtschaftliche Entwicklung.

Hierzu gehören beispielsweise südostasiatische Staaten wie Indonesien und Malaysia genauso wie die arabischen Ölstaaten, die nordafrikanischen Staaten oder die Staaten im Nahen Osten. Der zweite Grund, der die Attraktivität im globalen Vergleich negativ beeinträchtigt hat, ist der, dass islamische Finanzprodukte den Glaubensgrundsätzen und Regeln des Islam entsprechen müssen. Für Investoren bedeutet das, dass ein Vertrag mit einem muslimischen Partner nur dann zustande kommen wird, wenn dieser Vertrag den Grundsätzen der Scharia folgt.

Nachdem nun aber immer mehr Finanzprodukte angeboten werden, die diese Anforderung erfüllen und nicht zuletzt auch dadurch, dass die Finanzkrise das westliche Bank- und Finanzwesen nachhaltig erschüttert hat, bekommen islamkonforme Finanzprodukte zunehmend Auftrieb.

Die Zahlen belegen, dass sich der Markt für islamkonforme Finanzprodukte in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt und es im Dezember 2010 auf stolze 895 Milliarden US-Dollar gebracht hat.

Nun stellt sich jedoch die Frage, wie attraktiv islamkonforme Finanzprodukte als Investitionsobjekte tatsächlich sind und außerdem, worauf es zu achten gilt:  

Nach der Scharia ist Geld nur ein Mittel zum Zweck 

Einer der wichtigsten Grundsätze der Scharia ist das Verbot, Zinsen zu erheben. Die islamische Wirtschaftstheorie basiert auf der Idee, dass Kapital nur ein Mittel zum Zweck ist. Das bedeutet, Geld soll für den Erwerb von realen Wirtschaftsgütern oder für Investitionen genutzt werden. Wer Kapital mit dem Ziel investiert, einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen, muss damit rechnen, dass er sein Kapital auch verlieren kann.

Die Scharia erlaubt, Gewinne durch eigene Arbeit oder aus unternehmerischem Risiko zu erwirtschaften, so dass beispielsweise Investitionen in Aktien oder in Form von Unternehmensbeteiligungen islamkonform sind, sofern sie nicht gegen andere Gesetzte verstoßen. Gleichzeitig sieht das islamische Gesetz aber vor, dass Geldtransaktionen reale Wirtschaftsgüter zugrunde liegen müssen. Das strikte Zinsverbot wirkt sich vor allem auf das Kreditgeschäft aus.

So darf ein Moslem strenggenommen keinen Kredit aufnehmen, um damit beispielsweise sein Haus oder ein neues Auto zu finanzieren. Aus diesem Grund strukturieren islamische Banken Finanzierungen so, dass diese dennoch der Scharia entsprechen. Dazu kauft die Bank das zu finanzierende Objekt und verkauft es dann an den Kreditnehmer weiter, der den Kaufpreis in Raten abgezahlt. Der Kaufpreis des Kunden fällt dabei etwas höher aus als der Kaufpreis der Bank, was nichts anderes bedeutet, als dass die finanzierende Bank die Zinsen in eine Handelsmarge umwandelt.

Dadurch entspricht das Finanzprodukt aber der Scharia, denn einen Profit aus Arbeit oder unternehmerischen Risiko zu erzielen, ist erlaubt und die Geldtransaktionen beziehen sich auf einen realen Gegenstand.  

Takaful-Gesellschaften und der Dow Jones Islamic Market Index 

Was für Finanzierungen und Investitionen gilt, gilt gleichermaßen auch für Versicherungen, denn auch diese müssen islamkonform sein. In diesem Zusammenhang fällt häufig der Begriff Takaful, der Garantie meint und eine Versicherung von Risiken bezeichnet, die den Grundsätzen der Scharia entspricht. Neben dem Zinsverbot gehört hierzu auch das Verbot von Wetten und Glückspielen.

Nun ist dies aber keine wirkliche Besonderheit des Islam, denn auch die Bibel verbietet strenggenommen Zinsen, Wetten und Glücksspiele. Christliche Geschäftsleute haben jedoch schon sehr früh Strategien entwickelt, um diese Verbote geschickt zu umgehen, und muslimische Geschäftsleute sind hier nicht weniger kreativ.

So basieren islamkonforme Versicherungen auf der Idee der frühkapitalistischen Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, Versicherungsnehmer oder Anleger und Versicherer teilen sich also sowohl Gewinne wie auch Verluste. Die Anleger investieren dabei in einen Fonds, der das Kapital gemäß den Grundsätzen der Scharia anlegt und die Gewinne ausschüttet.

Die Versicherungsgesellschaft übernimmt somit lediglich die Funktion eines Verwalters und erzielt ihre Gewinne durch eben diese Funktion. Zu den größten Herausforderungen in diesem Zusammenhang gehört allerdings, Investitionsobjekte zu finden, die die Scharia erlaubt. Ausgeschlossen sind demnach neben Glückspiel und Spekulationen konventionelle Bank- und Versicherungsbeteiligungen ebenso wie Investitionen in Unternehmen, die mit Alkohol, Tabak, Schweinefleisch oder pornographischen Produkten handeln. Seit 1999 gibt es mit dem Dow Jones Islamic Market Index allerdings eine offensichtlich erfolgreiche Beratungsstelle und Ideenfundgrube für islamische Kaufleute.

Die Versicherungsgesellschaften verdienen ihr Geld in erster Linie mit Lebens- und Unfallversicherungen, mittlerweile spielt aber auch der Waren- und Schiffsversicherungsmarkt eine wichtige Rolle. Dabei sind nicht wenige europäische Versicherungsgesellschaften inzwischen mit eigens dafür gegründeten Tochtergesellschaften auf dem islamischen Markt vertreten. 

Die Regeln sind nicht überall gleich 

Dass das islamische Bank- und Finanzwesen kaum von der Finanzkrise betroffen war, erklärt sich schlichtweg damit, dass die Scharia Investitionen in solche Produkte und Geschäfte, die Hauptauslöser der Krise waren, verbietet.

Die Wachstumsaussichten für islamkonforme Finanzprodukte sind zudem aufgrund der steigenden Nachfrage vor allem im Südosten Asiens, im Mittleren Osten und in Nordafrika durchaus positiv und für europäische Investoren damit sicherlich eine Überlegung wert. Allerdings gibt es einen Punkt, der sich als Stolperstein erweisen kann.

So mangelt es an einer Standardisierung, denn die Auslegung des Korans und der Scharia sind nicht in allen islamischen Ländern gleich. Produkte, die in einem Land als islamkonform gelten und vom Religionsrat genehmigt werden, können somit in einem anderen Land verboten sein.

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