Verwahrentgelte – Infos und Tipps, Teil 2
In letzter Zeit bekommen immer mehr Kunden Post von ihrer Bank. In den Schreiben werden sie darum gebeten, einer Vereinbarung zu Verwahrentgelten zuzustimmen. Allerdings gibt es inzwischen einige Gerichtsurteile, die Verwahrentgelte bei gewissen Verträgen für unzulässig erklären. In einem zweiteiligen Beitrag haben wir Infos und Tipps zum Thema zusammengestellt. Dabei haben wir in Teil 1 erklärt, was Verwahrentgelte sind und was davon zu halten ist, wenn die Bank Geldanlagen als Alternative zu den Gebühren anbietet.
Hier ist Teil 2!:
Inhalt
Wann sind Verwahrentgelte nicht zulässig?
Unabhängig vom Zinsniveau ist es nicht akzeptabel, wenn sich Kreditinstitute rechtswidrig verhalten. Aus diesem Grund haben insbesondere die Verbraucherzentralen bereits in mehreren Klageverfahren Urteile gegen bestimmte Verwahrentgelte erstritten.
Hier ein paar Beispiele:
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Bei bestehenden Verträgen zu Geldanlagen dürfen Kreditinstitute keine Negativzinsen einführen, indem sie den Preisaushang ändern. Denn eine Geldanlage zielt darauf ab, Zinsen zu erwirtschaften und das Vermögen zu vergrößern. Verwahrentgelte würden aber genau das Gegenteil bewirken. So entschied das Landgericht Tübingen gegen die Volksbank Reutlingen. Das Urteil von Januar 2018 ist rechtskräftig (Az. 4 O 187/17).
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Im März 2019 urteilte das Oberlandesgericht Stuttgart gegen die Kreissparkasse Tübingen, dass die variable Grundverzinsung bei Riester-Verträgen nicht negativ sein darf (Az. 4 U 184/18). Auch diese Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.
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Das Landgericht Tübingen entschied rechtskräftig, dass die Volksbank Reutlingen bei Einlagen von Kontokorrentkonten für die Verwahrung von Guthaben kein jährliches Entgelt von 0,5 Prozent verlangen darf, wenn sie bereits Kontoführungsgebühren erhebt. Denn die Verwahrung ist eine Leistung, die durch die Kontoführungsgebühren schon abgegolten ist (Az. 4 O 225/17). Die Bank musste daraufhin die entsprechende Klausel wieder streichen.
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Die ständige Rechtsprechung des BGH besagt, dass dieselbe Leistung nicht zweimal in Rechnung gestellt werden darf. Trotzdem kommen die Gerichte zu teils unterschiedlichen Auffassungen. So urteilte das Landgericht Leipzig, dass die Sparkasse Vogtland Verwahrentgelte bei Einlagen ab 5.000 Euro erheben darf, wenn ein Kunde ein neues Girokonto eröffnet oder ein Bestandskunde das Kontomodell wechselt (Az. 05 O 640/20). Das Urteil ist nicht rechtskräftig und das Verfahren geht in die nächste Instanz.
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Nach Ansicht des Landgerichts Berlin ist die Verwahrung von Einlagen auf Giro- und Tagesgeldkonten keine gesonderte Leistung, die ein zusätzliches Entgelt rechtfertigt. Aus diesem Grund dürfen Banken keine Gebühren verlangen, wenn sie Guthaben auf solchen Konten verwahren. Die unzulässig erhobenen Entgelte müssen unaufgefordert an die betroffenen Kunden erstattet werden (Az. 16 O 43/21). Das Urteil gegen die Sparda-Bank Berlin ist aber noch nicht rechtskräftig.
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Die Volksbank Rhein-Lippe führte im April 2020 Verwahrentgelte für Neukunden ein. Sie sollten jährlich 0,5 Prozent für Einlagen ab 10.000 Euro bezahlen. Das Landgericht Düsseldorf urteilte, dass das so nicht zulässig ist. Denn Verwahrentgelte zusätzlich zu Kontoführungsgebühren benachteiligen Bankkunden unangemessen und sind mit den gesetzlichen Regelungen zu Girokonten nicht vereinbar (Az. 12 O 34/21). Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Insgesamt geht der Tenor dahin, dass Verwahrentgelte bei bestimmten Konten und Geldanlagen nicht zulässig sind. Der BGH hat sich außerdem in mehreren Entscheidungen verbindlich dazu geäußert, wann Änderungen der AGB von Banken und Sparkassen wirksam sind und wann nicht. Trotzdem ist die grundsätzliche Rechtslage zu Negativzinsen bisher noch nicht geklärt.
Muss der Kunde einer Vereinbarung zu Verwahrentgelten zustimmen?
Ein Kunde kann weitestgehend frei entscheiden, ob und mit wem er Verträge abschließt. Ist er mit einer kostenpflichtigen Verwahrung seines Kapitals einverstanden, kann er seine Bank selbstverständlich damit beauftragen. Aber es ist genauso sein gutes Recht, eine entsprechende Vereinbarung abzulehnen.
Lässt er sich nicht auf die Verwahrentgelte ein, kann es passieren, dass seine Bank einige Verträge kündigt. Bei Sparkonten sieht der Vertrag üblicherweise eine Kündigungsfrist von drei Monaten vor.
Bei Girokonten ist die Kündigungsfrist mitunter kürzer. Allerdings könnte hier das gesetzlich verankerte Recht auf ein Basiskonto einer Kündigung entgegenstehen. Das gilt vor allem für Sparkassen, die per Gesetz einen besonderen öffentlichen Auftrag haben. Er sieht sinngemäß vor, dass alle Bevölkerungskreise in der Fläche angemessen und ausreichend mit Leistungen der Geld- und Kreditwirtschaft versorgt sein müssen.
Tagesgeldkonten sehen normalerweise keine Vereinbarungen zu langfristigen Laufzeiten vor, an die die Banken gebunden sind. Denkbar ist außerdem, dass die Bank das Tagesgeldkonto zwar nicht kündigt, aber weitere Einzahlungen ablehnt. Auf diese Weise wird versucht, die Anlagenhöhe zu begrenzen.
Natürlich kann der Kunde auch über einen Anbieterwechsel nachdenken. Es gibt nach wie vor Banken, die keine Verwahrentgelte berechnen, sondern kleine Zinsen bezahlen. Meistens sind das Direktbanken, bei denen die Kontoführung per Internet, App oder Telefon erfolgt. Weil Direktbanken auf ein teures Filialnetz verzichten, können sie ihren Kunden bessere Konditionen anbieten.
Bedenken wegen der Sicherheit muss der Kunde dabei nicht haben. Denn solange sich der Kunde für ein Kreditinstitut entscheidet, bei dem die Einlagen über die gesetzliche Einlagensicherung abgesichert sind, sind im Insolvenzfall der Bank 100.000 Euro je Kontoinhaber geschützt.
Und wenn sich der Kunde für einen Wechsel entscheidet, muss ihm die bisherige Bank beim Umzug des Kontos helfen.
Was sagt die Politik?
Die Politik kann weder den Entscheidungen der Gerichte vorgreifen noch einen positiven Realzins versprechen. Allerdings hat sie zugesichert, dass das Geld von Anlegern und Sparern bis zu einer Höhe von 100.000 Euro sicher ist. Gleichzeitig möchte sie ein stabiles Bankensystem.
Doch das setzt voraus, dass sich Kunden darauf verlassen können, dass ihre Gelder bei den Banken sicher sind. Eine Geschäftspolitik mit Verwahrentgelten steht dem entgegen, denn durch die Negativzinsen würde sich das Guthaben zunehmend reduzieren.
Untätig ist die Politik aber nicht. Bereits im Mai 2021 beschloss die Verbraucherschutzministerkonferenz einstimmig, dass die Einführung von Negativzinsen überprüft und verbraucherfreundliche Regelungen auf den Weg gebracht werden sollen. Es bleibt also abzuwarten, wann der Beschluss konkrete Ergebnisse bringt.
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Thema: Verwahrentgelte – Infos und Tipps, Teil 2
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